Wie auf meinem Instagramaccount versprochen, erzähle ich euch heute von einem meiner prägendsten Mandate und vielleicht ist es auch der Grund warum ich so tief in die Marterie eingestiegen bin und warum es nun auch diese Website gibt:

Es war noch recht kurz nach meiner Zulassung als Anwältin, da erhielt ich einen Anruf einer Bekannten. Sie teilte mir mit, dass ein Freund von ihr in einer schrecklichen Situation sei, und dass sie ihn gerne zu mir schicken würde. Ich stellte unverzüglich den Kontakt her und hatte bereits 2 Stunden später den Mandanten an unserem Besprechungstisch sitzen. Aber er kam nicht allein, dabei hatte er seine kleine Tochter, knapp 3 Jahre alt. Beide sahen erschöpft und müde aus. Nachdem die kleine mit ausreichend Ablenkung versorgt war, erzählte der Vater was passiert war. Seine Frau war beruflich viel auf der Autobahn unterwegs und ist in einen schlimmen Autounfall verwickelt worden. Sie hat dabei so schwere Kopf- und Hirnverletzungen erlitten, dass klar war, dass, selbst wenn ein Wunder geschehe und sie irgendwann wieder aus Koma erwachen würde, sie zum einen ein Schwerstpflegefall bleiben- und zum anderen auch nie weder ansprechbar sein würde, geschweige denn Aussicht auf ein “lebenswertes Leben“ hätte. Medizinische Maßnahmen zur Lebenserhaltung wären dauerhaft notwendig. Nun hatte die junge Mutter aber weder eine Vorsorgevollmacht noch eine Patientenverfügung verfasst. Dies bedeutete, dass weder klar war wer medizinische Entscheidungen für sie treffen sollte, noch, wie ihre Einstellung zu lebenserhaltenden Maßnahmen ausgesehen hätte. Also wurde die junge Frau an entsprechende Geräte angeschlossen- und so am Leben erhalten. Die Ärzte hatten versuchten nun aber den mutmaßlichen Willen der Patientin zu ergründen, da klar war, dass die Patientin ohne lebenserhaltende Maßnahmen versterben würde. Sie versuchten also herauszufinden, wie die Patientin entscheiden würde, wenn sie sich zu den lebenserhaltenden Maßnahmen äußern könnte. Dabei befragten sie verschiedene Angehörige, unter anderem den Ehemann und die Mutter der jungen Frau. Und es kam wie es kommen musste: der Ehemann meinte dass seine Frau lebenserhaltende Maßnahmen in der gegebenen Situation abgelehnt hätte, ihre Mutter meinte, dass sich die Tochter an jeden Hoffnungsschimmer geklammert hätte, auf medizinischen Fortschritt hätte warten wollen um so gegebenenfalls am Leben ihres Mannes und der Tochter teilhaben zu können. Und damit war das geschehen, was nicht passieren darf. Die Ärzte haben zwei völlig grundverschiedene Meinungsbilder geliefert bekommen. Der Mann wusste nicht wie es weitergehen würde, also suchte er juristische Unterstützung. Es war bereits das Betreuungsgericht eingeschaltet. Vor Gericht konnten wir sodann letztlich gütlich eine Lösung erarbeiten, die Mutter erkannte, dass sie es war die ihre Tochter aus sicherlich verständlichen emotionalen Gesichtspunkten nicht gehen lassen wollte, dass dies aber nicht im Sinne ihrer Tochter gewesen wäre…. Aber das war kein einfacher Weg und vorallem dauerte es…

Und das ist genau der Punkt den ich immer wieder in meinen Vorträgen gerade im Bezug auf die Patientenverfügungen anspreche: lasst nie eure Angehörigen mit der Entscheidung zu lebenserhaltenden Maßnahmen allein! Ich sage euch, das war kein schönes Erlebnis!  Eure Vertrauenspersonen sind in einem solchen Moment ohnehin emotional völlig überfordert, nehmt ihnen die Bürde ab darüber zu urteilen zu müssen was ihr für eine Einstellung zu lebenserhaltenden Maßnahmen gehabt hättet. Manifestiert euren Willen rechtssicher in einer Patientenverfügung oder seht mindestens zu, dass eure Vertrauenspersonen ganz sicher wissen wie euer Wille zu lebenserhaltenden Maßnahmen ausgesehen hätte. Wir hoffen alle, dass die Patientenverfügung nie- oder erst im hohen Alter zum Einsatz kommen muss. Aber für den Fall dass sie früher durch ein plötzliches, unerwartetes Ereignis von Nöten ist, nehmt euch die Zeit und sorgt entsprechend vor. Informiert euch und erledigt es, es tut gar nicht weh! Versprochen!